Weihnachten in Apulien
Weihnachten liegt in Apulien schon Ende November in der Luft, wenn die ersten Lichter auf den Balkonen erscheinen und sich der Rauch aus den Kaminen mit dem Duft von Mandarinen mischt. Die weihnachtliche Stimmung bahnt sich ihren Weg durch die festlich beleuchteten Straßen: als ein Zug von funkelnden Bäumen, geschmückten Schaufenstern und Weihnachtsmärkten jeder Art.
Apulien ist eine Region, die dieses Fest stark empfindet, und die vielen öffentlichen Feiern in allen Orten beweisen das.
Eine Veranstaltung jagt die nächste: Konzerte, Chöre für Kinder und Erwachsene, Theateraufführungen, religiöse Veranstaltungen und Krippenspiele. Am wichtigsten sind natürlich die religiösen Bräuche am Heiligen Abend: vom Frühgebet Novena di Natale (mancherorts schon um 5 Uhr morgens) bis zur Mitternachtsmesse, in der die Gläubigen das bekannte „Tu scendi dalle stelle“ singen („Von den Sternen schwebst du hinab zu uns“) und dabei die Figur des Christkindes in die Krippe legen.
In Apulien gibt es eine große Tradition der Presepe, einem liebevoll aufgebauten Modell der Weihnachtsgeschichte. Darauf würde keine Familie verzichten, auch wenn sie ihren Weihnachtsbaum noch so prachtvoll geschmückt hat. In Lecce, zum Beispiel, werden Figuren aus Pappmaché hergestellt, welche eine Krippensituation eindrucksvoll verzaubern.
Weihnachten in Apulien wird natürlich auch durch seine kulinarischen Traditionen und überlieferten Geschmäcke geprägt. In Bari am Heiligabend einkaufen, ist ein Ritual, das am frühen Morgen auf dem Fischmarkt beginnt.
Das Festessen am Heiligen Abend besteht aus vielen Speisen: frittierter Stockfisch, gekochter Fenchel mit Sardellen, Panzerotti (gefüllte Teigtaschen), Linguini (Pasta) mit Fischsoße, rohe Meeresfrüchte, Cime di Rape (Spitzen von Rübengrün), Aal und vieles mehr.
Die Auswahl der apulischen Gerichte ändert sich von Ort zu Ort, aber allen liegt das gleiche am Herzen: die Weihnachtstraditionen mit Liebe leben, in angenehmer Gesellschaft einen guten apulischen Wein trinken, einen Zitronen-, Schokoladen– oder Lorbeerlikör oder einen Rosolio al Mandarino (Mandarinenlikör mit Rosenblättern). Und mit Kartenspielen und der traditionellen Tombola (eine Art Bingo) vergnügt man sich bis zum Morgengrauen.
Verschiedene Rezepte und Leckerbissen verwandeln Weihnachten in das reine Schlaraffenland. Allen voran die Cartellate: dünne Streifen aus Hefeteig und Wein, die wie Rosetten geformt werden. Dann frittiert man sie und taucht sie in heißen Feigen-, Quitten– oder Johannisbrotwein. Manche tunken sie auch in Honig mit zerstäubten bunten Dragees (Süßigkeiten mit Zuckerguss).
Calzoncelli, Pettole, Vinarielli, Taralli mit Anis oder Zucker, Marzipan und Mandel-Torrone, sind nur einige Süßigkeiten, die während der Weihnachtszeit den Gästen angeboten werden.
Ich erinnere mich an meine Großmutter, die schon einen Monat vorher mit den Vorbereitungen begann, und die Backwaren dann zum Bäcker am Ende der Straße trug, um sie ausbacken zu lassen. Ich bewunderte die Frauen, die zur Adventszeit die großen rechteckigen Bleche auf dem Kopf balancierten.
Der gute Duft der im Dezember in der Luft liegt, geprägt von Moos und Pinienzweigen, macht aus Weihnachten ein magisches Fest für alle, die Apulien zu dieser Jahreszeit erleben können.